Engagement

Gefühl und gesunder Menschenverstand

Volker Kugel, Direktor des Blühenden Barock in Ludwigsburg, spricht über Klimanotstand, neue Baumarten und Strategien bei der Bepflanzung für Garten und Balkon.

Herr Kugel, Sie sind für 30 Hektar Parkfläche verantwortlich. Haben Sie auch privat einen Garten?

„Ja klar! Er ist mit 450 Quadratmetern relativ klein, und ich liebe ihn. Und er ist so pflegeleicht gestaltet, dass ich nicht der Sklave meines Gartens bin, wie Hermann Hesse es mal beschrieben hat.“

Welche Nachteile hat es für den Gartenboden, dass in diesem Winter die sogenannte Frostgare ausgefallen ist?

„Das ist aktuell kein wirklicher Nachteil. Die Frostgare sorgt für eine krümelige Bodenstruktur. Als Ersatz hatten wir aber ja endlich wieder sehr starke Niederschläge. Die tun dem Boden richtig gut. Und keine Angst: wir werden auch wieder mal einen härteren Winter bekommen.“

Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, hat für den Schlossgarten Schwetzingen den Klimanotstand ausgerufen. Gilt das ebenso für das Blühende Barock?

„Im Schwetzinger Park kommen schwierige Bedingungen wie Grundwassermangel und ungünstiger Untergrund zusammen. Bei uns wurzeln die meisten Bäume im normalen Bodenhorizont, und darum haben wir keine massiven Probleme. Und wir haben unser Pflanzkonzept schon angepasst. Wir legen jetzt eine Musterbepflanzung mit Bäumen an, die hierzulande noch nicht so bekannt sind, die aber mit Trockenheit besser zurechtkommen.“

Was für Bäume sind das? 

„Zum Beispiel Hopfenbuche, Zellkovie, Zürgelbaum, Tupelobaum und Zerreiche. Diese Arten stammen aus Asien, Übersee oder vom Balkan und haben ihren Organismus an Durststrecken angepasst. So verfügen sie teilweise über einen Mechanismus in den Blättern oder im Holz, mit dem sie bei Bedarf ihre Wasserverdunstung einschränken können. Oder nehmen Sie den Feldahorn. Er hat viel kleinere Blätter als Berg- und Spitzahorn und hält auf diese Weise trockene Phasen besser aus. In diese Richtung wird es künftig wohl generell gehen. Für die Kollegen in der Stadt ist das fast noch wichtiger. An der Straße haben Bäume durch den Asphalt deutlich höheren Hitzestress als bei uns im Park, wo es fast nur wassergebundene Wege gibt.“

Wie gehen Sie im Blühenden Barock mit dem Thema Schädlingsbekämpfung um?

„Wir arbeiten konventionell, aber mit chemisch-synthetischen Stoffen sind wir sehr vorsichtig. Mittlerweile nutzen wir fast nur noch umweltverträgliche Biozide.“

Funktioniert das auch im privaten Garten? 

„Im Hausgarten haben Herbizide meiner Meinung nach nichts zu suchen. Da dienen sie nur der Unterstützung von Faulheit, wenn ich das mal so knallhart sagen darf. Jeder kann inzwischen eine ganze Palette von biologischen Pflanzenschutzmitteln kaufen, die gegen Schädlinge wie Läuse, Spinnmilben, Buchsbaumzünsler und Raupen sehr gut wirken. Der Einsatz erfordert aber Disziplin und man muss sie vielleicht häufiger anwenden.“

Bei der Bepflanzung von Vorgarten und Balkonkästen soll man ja auf Arten verzichten, die für Bienen wertlos sind. Muss man sich jetzt von Geranien verabschieden?

„Zunächst einmal geht es nicht nur um die Honigbiene, sondern ebenso um Wildbienen, Schwebefliegen und viele andere Insekten. Und es gibt jede Menge dekorative Pflanzen, die hoch insektenaktiv sind. Wenn Sie in Ihren Balkonkasten Mehlsalbei, Vanilleblume, Fächerblume, Eisenkraut und Zweizahn setzen, kann da ruhig eine Hängegeranie dazwischen sein. Es ist ein Abbild der Natur. Da ist auch nicht jede Pflanze für Insekten wertvoll. Die Mischung macht’s. Grundsätzlich hat Ideologie im Garten nichts verloren. Sie brauchen nur etwas Gefühl und gesunden Menschenverstand, dann kriegen Sie das wunderbar hin.“

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